"Wort zum Sonntag (17. Januar 2021)
"Liebe Schwestern und Brüder, liebe Freunde,
an den Sonntagen nach Epiphanias (6. Januar, Tag der „Erscheinung des
Herrn Christus“, der ältere Termin des Weihnachtsfestes) geht es um Texte, die davon berichten,
wie sich die Herrlichkeit Jesu offenbart hat.
Der vorgeschlagene Predigttext ist die Geschichte von der „Hochzeit zu Kana“, Johannes 2,1-11.
Hier der Text:
1. Am dritten Tag wurde in Kana in Galiläa eine Hochzeit gefeiert. Die Mutter von Jesus war dabei, 2. und
auch Jesus war mit seinen Jüngern dazu eingeladen.
3. Als der Weinvorrat zu Ende war, sagte seine Mutter zu ihm: »Sie haben keinen Wein mehr!«
4. Jesus erwiderte ihr: »Frau, das ist meine Sache, nicht deine! Meine Stunde ist noch nicht
gekommen.« 5. Da wandte sich seine Mutter an die Diener und sagte: »Tut alles, was er euch befiehlt!«
6. Im Haus standen sechs Wasserkrüge aus Stein, von denen jeder etwa 39 Liter fasste.
Man brauchte sie wegen der Reinigung,
die das Gesetz vorschreibt. 7. Jesus
sagte zu den Dienern: »Füllt diese Krüge mit Wasser!«
Sie füllten sie bis an den Rand.
8. Dann befahl er ihnen: »Jetzt nehmt eine Probe davon und bringt sie dem Mann,
der für das Festessen verantwortlich ist.« Sie brachten ihm eine Probe, 9. und er kostete das Wasser, das zu Wein geworden war. Er wusste nicht,
woher dieser Wein kam; nur die Diener, die das Wasser geschöpft hatten, wussten es. Er rief den Bräutigam zu
sich 10. und sagte: »Jeder bringt doch zuerst den guten Wein auf den Tisch, und wenn die Gäste schon
reichlich getrunken haben, folgt der schlechtere. Aber du hast den guten Wein bis zuletzt aufgehoben!«
11. So vollbrachte Jesus in Kana in Galiläa sein erstes Wunderzeichen
und offenbarte seine Herrlichkeit.
Und seine Jünger kamen zum Glauben an ihn.
Der Evangelist Johannes berichtet in seinem Evangelium von insgesamt sieben „Zeichen“, die Jesus tat.
Diese „Zeichen“ sind mehr als Wunder, denn sie sind Hinweise auf Ihn, Jesus, erweisen Ihn als den Retter und Heiland der Menschen, der in unserer Welt erschienen
ist, um uns mit Gott zu verbinden, um unseren Horizont zu weiten, unser Leben zu erhellen.
Sieben ist in der Bibel die Zahl der Schöpfungstage und auch für die Erschaffung einer neuen Welt. Durch Jesus entsteht eine neue Welt! Deswegen ist die Sieben auch die
symbolische Zahl für das neue, messianische Gottesvolk aus Juden und Heiden, die christliche Kirche.
Betrachten wir diese Geschichte einmal Schritt für Schritt!
1. Jesus – mitten im Leben der Menschen
Jesus ist die menschgewordene Zuwendung Gottes zur Welt. Gott ist kein blindes Schicksal,
nicht der große Unbekannte, sondern der
Schöpfer der Menschen, der das Gespräch mit uns sucht,
sich einen Namen gegeben hat,
damit wir Ihn ansprechen können: „JAHWE“. Dieser Name bedeutet: „Ich bin immer für euch da!“
Er zeigt sich uns als unser himmlischer Vater und will, daß wir in Verbindung mit Ihm leben
und so Seine Kinder sind und bleiben. Weil Er der Mittelpunkt unseres Lebens sein will,
wurde Er Mensch in Jesus Christus. Jesus war kein Einsiedler,
sondern immer unterwegs zu den Menschen, nicht erhaben über die Nöte der Menschen, sondern mitten drin.
Er war kein Kostverächter und kein freudloser Geselle; er lachte und weinte mit seinen
Mitmenschen, feierte und trauerte mit ihnen.
Als er die Einladung zur Hochzeit in Kana erhielt,
ging er mit seiner Mutter und seinen Jüngern hin. Wir sollen wissen: Gott ist bei uns in Freud und Leid, unsichtbar, aber ganz nah, ansprechbar und mächtig.
Der „dritte Tag“ ist übrigens bei den Juden die Bezeichnung für den Dienstag.
Der Dienstag ist der Tag für Hochzeiten,
weil es in dem Abschnitt zum dritten Schöpfungstag heißt: „Und Gott sah, daß es gut war.“
2. Lebensfreude
Zu einer jüdischen Hochzeit gehört Wein. Wein ist ein Zeichen für
die Köstlichkeit des Lebens. Bei der Trauung trinken Bräutigam und Braut aus einem Weinbecher.
Auch bei der anschließenden Hochzeitsfeier,
die früher sieben Tage dauerte, gibt es Wein. Dabei halten fromme Juden Maß.
Es ist nicht erlaubt, sich zu betrinken (nur am Purim-Fest). Es heißt auch: wenn
die Heilszeit kommt, wenn der Messias kommt, wird das Leben zum Fest. Alle Sorge, alle Qual wird
vorbeisein; es wird sein wie bei einem großen Hochzeitsfest.
Der Heilskönig wird alles Gute bringen und das Volk beschenken,
und er wird auch mit Wein nicht geizen (1. Mose 49,11). Die Armen werden nicht mehr hungern noch
dürsten, weil dann für sie gesorgt ist, es gibt Brot und Wein die Fülle, Barmherzigkeit und Recht und Frieden.
Auf diesem Hintergrund erst kann man die Geschichte von der „Hochzeit zu
Kana“ richtig einordnen.
Wir Menschen sind immer auf der
Suche nach Befriedigung und Erfüllung. Unsere Sehnsucht nach dem
Leben treibt uns an. Seit die Menschheit die vollkommene Gemeinschaft mit Gott verlassen hat, hat sie auch die vollkommene Freude, Liebe und
Geborgenheit verloren und ist immer darauf aus, sie wiederzugewinnen.
Die Menschen suchen an allen Ecken und Enden. Oft meinen sie, es käme auf die Menge und Häufigkeit schöner Erlebnisse an: viel Essen,
viel Trinken, viele Liebesabenteuer, viel Urlaub, viele Lebensjahre. Aber es geht nicht um Quantität, sondern um Qualität.
Es geht nicht um die Ausweitung der Oberfläche, sondern um das Durchdringen in die Tiefe, bis zur Quelle. Es geht darum, den Sinn und das Ziel zu finden.
Die Menschen in der griechisch geprägten Umwelt Israels feierten den Gott
Dionysos, den Gott des Weins, des Rausches, als Spender von Lebensfreude. Es hieß, die Krüger
mit Wasser, die man am Abend in den Tempel des Dionysos stellte, wären am
Morgen mit Wein gefüllt gewesen.
Wenn Jesus nun (gerade
bei einem jüdischen Hochzeitsfest) Wasser in Wein verwandelt, gibt er sich als der zu erkennen, mit dem jetzt
die Freudenzeit für das Volk Israel und alle, die sich Ihm anvertrauen,
beginnt. Der Wein ist ein Zeichen: jetzt beschenkt Gott sein Volk durch Jesus, den
Messias, mit Barmherzigkeit, Recht und Frieden!
In Jesus kommt
der große, unsichtbare Gott zu uns. Niemand braucht mehr dunkle Schicksalsmächte fürchten. Wir haben einen lieben Vater im Himmel und dürfen Kinder Gottes sein.
Versäumnisse und schwere Schuld, Vorwürfe unserer Mitmenschen und das eigene schlechte Gewissen brauchen uns nicht mehr belasten:
der Herr der Welt, der oberste Richter,
nimmt im Kreuz Jesu die Schuld auf sich und spricht uns frei.
Unsere Lebensangst, unsere Furcht vor dem Tod, die dunklen Schatten, die uns begleiten, hebt Er auf, indem
Er, Christus, die Auferstehung und das Leben, bei uns ist. Unser Ziel ist nicht das Ende, das Grab, das Nichts, sondern ewige Freude bei Gott,
unserem Vater.
Die Menschen, die Gottes Zuwendung in Jesus
empfangen, lernen, barmherzig miteinander umzugehen; Heuchelei und Unrecht werden aufgedeckt und bekämpft, die Witwen und Waisen und alle Armen kommen zu ihrem Recht, der
Krieg aller gegen alle wird überwunden durch einen neuen Geist der Gemeinschaft, der Vergebung, der
gegenseitigen Beachtung und Fürsorge.
Und dies Heil wird über Israel hinauswachsen bis an die Enden der Erde! So ist es ja
auch gekommen!
3. Maria wird in ihre
Schranken gewiesen
Als
bei der Hochzeit zu Kana der Wein zur Neige ging, wandte sich die Mutter Jesu, Maria, an ihren Sohn und wies ihn darauf hin.
Jesus gab ihr eine schroffe Antwort:
„Frau, das ist meine Sache, nicht deine!
Meine Stunde ist noch nicht gekommen.“ Jesus stellt klar: er ist kein Muttersöhnchen,
erlaubt seiner Mutter nicht, ihn zu belehren oder anzuleiten;
Er ist der, der allein weiß, was wann zu tun ist.
Laßt uns auf Jesus sehen und Ihm vertrauen,
nicht auf Maria oder irgendjemand sonst! Jesus allein ist unser Trost und unsere
Hilfe. Marienverehrung ist unangebracht, Vertrauen auf Jesus allein hilft weiter!
Maria sagt in dieser Geschichte schließlich ein Wort, mit
dem sie von sich selbst wegweist auf Ihn: „Tut alles, was er euch befiehlt!“
Das ist der beste Ratschlag, den man geben kann: „Tut alles, was Er, Christus, euch befiehlt!“
4. An Jesus glauben
Zuletzt heißt es im Text:
"Und seine Jünger kamen zum Glauben an ihn." Sie waren seine Jünger und wollten etwas von Ihm lernen; er war
einer der vielen Schriftgelehrten / Rabbis, einer, der sie besonders beeindruckt hatte.
Aber sie hatten noch nicht erkannt, daß er der Eine, der langersehnte Messias war, der, von dem der Evangelist Johannes ganz am Anfang seines Evangeliums
zusammenfassend sagt: "Und das Wort
(Gottes) wurde Mensch und wohnte unter uns - und wir sahen Seine Herrlichkeit, die Herrlichkeit des einziggeborenen Sohnes vom Vater."
Diese Worte sind die "Weihnachtsgeschichte" des Johannes: Sinn und Zweck des Kommens Jesu, das Wesen Jesu
ausgedrückt in wenigen Worten, aber klar und deutlich.
Jesus ist der einziggeborene, einzigartige Sohn Gottes, unser einziger Trost im Leben und im Sterben, die Hoffnung der Welt. Seine
Herrlichkeit ist unter uns aufgeleuchtet. Wir können uns davon überwältigen lassen, uns Ihm anvertrauen.
Das ist Glaube: sich Gott und Seinem Sohn Jesus Christus anzuvertrauen, auf Ihn zu bauen, auf Ihn zu hören,
mit Ihm und für Ihn zu leben - und so auch für andere Menschen da zu sein.
So finden wir die
wahre, tiefe, ewige Freude.
Mit
herzlichem Gruß Ihr / Euer Friedemann Stinder